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IMRAN QURESHI
Imran Qureshi (*1972 Pakistan) gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der Kunstszene in Pakistans. Der Künstler lebt in Lahore und unterrichtet am dortigen National College of Art. Seine Arbeiten wurden weltweit ausgestellt und finden sich in zahlreichen Sammlungen, u. a. im Victoria and Albert Museum, London. 2009 war er auf der 53. Biennale in Venedig präsentiert. Die Deutsche Bank hat Imran Qureshi zum »Künstler des Jahres« 2013 ernannt.
In meinem Werk geht es immer um das Hier und Jetzt
»Ich denke, es sind die Herausforderungen, die Schwierigkeiten und die Probleme, mit denen man umgehen muss, die einen dazu befähigen, eine eigene Sicht auf die Dinge zu entwickeln und sich selbst auszudrücken. In solch schwierigen Situationen kann die Kunst wirkliche Kraft entwickeln.« ⸺ Imran Qureshi
Imran Qureshi (*1972) hat die begrenzten Konventionen der traditionellen Miniaturmalerei, die sich jahrhundertelang mit höfischen Themen beschäftigte, neu positioniert und sie zu einem expressiven Medium mit ganz individueller Choreografie und neuem Vokabular weiterentwickelt. Dabei kombiniert der pakistanische Künstler, der selbst in klassischer Miniaturmalerei geschult ist, auf einzigartige Weise traditionelle Motive, Symbolik und Ornamente der Moghul-Tradition, die im Norden des indischen Subkontinents im 16. und 17.Jahrhundert ihre Blütezeit erlebte, mit konzeptuellem Denken und zeitgenössischer, abstrakter Malerei.
In den 1990-er Jahren löst sich Qureshi vom Papier und Raster der Miniaturmalerei und beginnt damit, seine Bilder in große Formate und ortsspezifische Installationen zu überführen. Dabei verwandelt sich seine künstlerische Praxis zunehmend zu einer fortlaufenden Performance im Architektur- und Landschaftsraum. Sein Werk ist von der ihn umgebenden Realität in Pakistan und den aktuellen gesellschaftlichen Themen stark geprägt, aber auch die Auseinandersetzung mit globalen Themen wie das Verhältnis zwischen westlicher und muslimischer Welt, Religion, Geschlechterrollen, Terrorismus und Kriegspolitik bilden in seinen Arbeiten einen subtilen politischen Diskurs.
Eine seiner eindringlichsten Arbeiten ist Blessings Upon the Land of My Love in Bait Al Serkal, Sharjah (2011) - eine »Blutlandschaft« von verstörender Schönheit. Während der Sharjah Biennale wird der Innenhof eines ehemaligen Krankhauses erstmals Ort einer seiner raumgreifenden, künstlerischen Intervention:
Der Innenhof scheint zu bluten. Ströme von Zinnober sickern wie Blut aus dem Gestein und überall überziehen Spritzer aus verschütteter roter Farbe den Fußboden. In der Mitte des Hofs ist ein Abfluss, in den all das Rot verschwenderisch zusammenfließt. Dazwischen ranken zart Basohli-Blätter wie Blüten der Hoffnung. Frei von jeder Figuration wird die Arbeit wie ein überdimensionales Gemälde als Ort von Zerstörung, Kampf und Tod, aber auch von Leben wahrgenommen und schafft im Paradox gleichermaßen poetisch wie politisch zahlreiche Bezugsmomente zu der globalen Gegenwart. Für Qureshi war ein Selbstmordattentat in seiner Heimatstadt Lahore ein einschneidendes Erlebnis, worauf sein großformatiges Werk »You Who Are My Love and My Life’s Enemy Too« entstand, das er in der Sharjah-Arbeit monumental weiterentwickelt und in Sydney 2012 nochmals aufnimmt.
Qureshi selbst teilt seine künstlerische Arbeit in drei Gruppen ein: »Die eine besteht aus traditionell gearbeiteten, kleinformatigen Miniaturmalereien. Die Themen sind zeitgenössisch, aber die Art, wie ich sie male, ist sehr, sehr traditionell«. Er bricht den erhabenen, klassischen Eindruck seiner Bilder mit Insignien weltweiter Einheitskultur wie in der Serie »Moderate Enlightment«. Die globale Realität hat sich in die Idyllen eingeschlichen: Seine Figuren sind in altertümlich-künstlerischer Manier umrahmt von zart sprießenden Grashalmen, Ästen, die sich ornamental durchs Bild schlängeln und von rankenden Büschen und Bäumen, doch seine Protagonisten tragen Kuriertaschen, Cargo-Shorts und Camouflage-T-Shirts und pusten Seifenblasen in die Luft. Dann gibt es Qureshis abstrakte Arbeiten, »die aus dem Aufbrechen der Grenzen traditioneller Malerei entstehen« und viel offener sind. »Ich spiele mit Maßstäben und Grenzen« so der Künstler in einem Interview, »und führe zusätzliche Gesten und Gegenstände ein.« Die Abstraktion zeigt sich zum ersten Mal in seinem Werk Love Story und in der Missile-Serie, in der es um das Wettrüsten zwischen Indien und Pakistan geht. Zeichenartige Markierungen, geometrische Formen und andere abstrakte Elemente sprengen das traditionelle Raster der Miniaturmalerei.
Als einen der bedeutendsten Vertreter der Kunstszene Pakistans hat die Deutsche Bank Imran Qureshi zum »Künstler des Jahres«2013 gewählt. Die Wahl folgt der Empfehlung des Deutsche Bank Global Art Advisory Council, zu dem Okwui Enwezor, Hou Hanru, Udo Kittelmann und Victoria Noorthoorn zählen.