DAVID LYNCH

David Lynch (*1946 in Montana) ist der Kultregisseur bizarrer, oft verstörender Filme wie Wild at Heart, Blue Velvet, Twin Peaks oder Mulholland Drive. Vielleicht ist er der abstrakteste aller Filmregisseure. Er experimentiert mit Erzählstrukturen und lässt klassische Vorstellungen von Raum und Zeit in seinen Filmen hinter sich. Doch der geniale Filmemacher hat neben dem Kino noch eine andere Leidenschaft, die ihn nach eigenen Angaben »stärker beeinflusst hat als das Kino«, – die Kunst. Künstlerisch steht die Malerei am Beginn seiner Karriere.

Abgründe hinter der idyllischen Fassade des Lebens

»Malen ist der schönste Akt der Einsamkeit.« ⸺ David Lynch

1964 begann Lynch ein Kunststudium. »Malen ist der schönste Akt der Einsamkeit« sagt David Lynch, dessen umfassendes malerisches, zeichnerisches und fotografisches Werk seit einigen Jahren entdeckt wird. »Beim Malen gibt es nur dich und die Leinwand. Dabei macht man tausende Entdeckungen.« Tausende von Zeichnungen, Gemälden, Skulpturen und Fotografien sind es auch, die Lynch in den letzen Jahrzehnten produziert hat. Manche seiner Ölgemälde haben die verstörende Intensität und Brutalität, die auch seinen Filmen eigen ist. Do you really want to know what I think, auf dem eine halb nackte Frau zu sehen ist, die von einem Mann mit einem Messer bedroht wird, ist nur eine dieser Arbeiten. 

Oder Bob – 33 Gemälde der Bob-Serie sind zwischen 1988 und 2007 entstanden. Es sind Bilder und es ist Bob mit denen sich Lynch identifiziert, er mag nicht nur »den Klang des Namens«. So steht über einem abstrakten Werk Bob sees himself walking geschrieben oder über einer mehr figurativen Darstellung eines Geschlechtsakts Bob loves Sally. Liebe, Sexualität und Gewalt sind zentrale Themen für Lynch. Er hat in seinen Filmen zahlreiche Liebesszenen von unbeschreiblicher Wirkkraft geschaffen. Vielleicht gilt auch für seine nichtfilmischen Arbeiten , was Lynch einmal in einem Interview über Blue Velvet gesagt hat: »Es geht um das Geheimnis von Liebe und Dunkelheit. Dies ist ein Film über die Dinge im Verborgenen.« Seine Gemälde sind auch an der Oberfläche meist in dunklen Farben gehaltenen, die auch organische Materialien und Gegenstände mit einbinden. Wie seine Filme sind es kryptische Texturen, deren Gehalt man sich nur annähern kann.

Auch die Fülle seiner Fotografien ist imposant. Sie zeigen häufig alte, verfallene Industrieanlagen, von denen sich Lynch magisch angezogen fühlt, und weibliche Akte, wie in der Fotoserie Distorted Nude, wo der Fotograf Lynch erotische Aufnahmen aus den 40er-Jahren des 19. Jahrhunderts kunstvoll entstellt. Es ist der Versuch »ein Gefühl für die Bilder zu bekommen«. Es geht dabei immer um das Organische, Gewebe, Struktur, Form und Lichteinfall. Häufig arbeitet Lynch mit wenig Tageslicht. Bewegungsunschärfen lassen viele der Szenen albtraumhaft verschwommen wirken. Seine Bilder sind ähnlich wie seine Filme – düster, verstörend und schwer entschlüsseln. »Fotografieren, Malen, Filmen«, bedeuten für Lynch »nichts anderes, als Ideen zu übersetzen. Bei einem Foto reicht oft eine Assoziation, während ich für Filme über Jahre Ideen sammle.« Alle seine Arbeiten kreisen um die für ihn typischen Themen – vor allem die Abgründe hinter der idyllischen Fassade des Lebens in den Vorstädten und die Frage nach Wahrheiten.

veröffentlicht am 2.8.2010 – Caroline Schilling
Veröffentlicht am: 02.08.2010