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JÖRN VANHÖFEN
Jörn Vanhöfen (*1961 in Dinslaken/Niederrhein) studierte Fotografie an der Folkwankschule Essen und an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. Er arbeitete bis 2000 für internationale Magazine und Publikationen. Gemeinsam mit Manfred Schmalriede und Arno Fischer gründete er 2001 die Fotografieschule fas.akademie in Berlin. Seit fünf Jahren arbeitet er an dem Projekt Aftermath.
Von Menschen Hand ⸺
Landschaften zwischen Schönheit und Verwüstung
Menschen kommen in den stillen Bildern des Fotografen Jörn Vanhöfen nur vereinzelt vor, zumindest auf den ersten Blick. Denn hinter dem ästhetischen Reiz seiner Bildkomposition, liegt die Ambiguität der Ästhetik und die menschliche Omnipräsenz in Zeiten der Globalisierung.
Seine Landschaften sind Orte, wo der Mensch gewirkt, achtlos hinterlassen und vergessen hat, aber auch Orte der Transformation wie die Aufnahmen von Wald- und Buschbränden in Portugal, von Dürren oder dem Marmorabbau in Cararra. Der Mensch hat mit seinen Hinterlassenschaften Landschaften geschaffen, die verwüsten, verseuchen und verdrängen: Berge von Schrott, Papier und alter Autoreifen, Industriebrachen und aufgegebene Gelände von Megametropolen. Es entstehen eigentümlich poetische Fotografien, die irritieren und unsere Erfahrung von Wirklichkeit hinterfragen, weil sie sich der Eindeutigkeit entziehen. Und so stoßen uns Vanhöfens Fotografien, auch auf »das moderne, sentimentalische Naturgefühl«, von dem schon der Philosoph Georg Lukás sagte, dass es nur die »Projektion des Erlebnisses und die selbstgeschaffene Umwelt für den Menschen kein Vaterhaus mehr ist, sondern ein Kerker«. Die Natur ist nicht mehr das Trostbringende, sondern »die geschichtsphilosophische Objektivation der Entfremdung zwischen dem Menschen und seinen Gebilden«.
Sicher, es ist heute fast schon trivial hervorzuheben, dass Bilder mehrdeutig sind. Doch bei der Vielzahl der Bilder und visuellen Reize, die uns tagtäglich umgeben und das genaue Sehen verflachen, scheint es notwendig, gerade die bewusste Wahrnehmung und Aufmerksamkeit wieder einzufordern. Aufmerksamkeit beschreibt die Qualität der Wahrnehmung. Jörn Vanhöfen zwingt den Betrachter seiner Bilder, nicht nur zu konsumieren, sondern die Bilder wirklich zu lesen. Er selbst nennt sich einen »politischen Landschaftsfotografen«, der mit seinen reduziert anmutenden Bildern Klarheit erreichen und seine Landschaften »als Auseinandersetzung über kulturelle Eigenarten darstellen möchte«, wie er in einem Interview sagte. Vanhöfen reiste überall dorthin, wo die Folgen von permanentem Wachstum und grenzenlosen Profithandels inzwischen unübersehbar sind: Afrika, Europa, Asien und Nordamerika. Die Schönheit und das Erschrecken liegen dabei immer sehr eng beieinander, aber ohne jene Spur von Erhabenheit.
Jörn Vanhöfen, der an der Folkwangschule Essen studierte und Meisterschüler an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig war, arbeitet mit einer Großformatkamera sowie mit einer 6x7 Plaubel Makina. »Schon durch die Wahl meiner Kamera und durch ihre Langsamkeit bin ich gezwungen, Abstand zu wahren. Daher muss ich die Situation viel länger beobachten und viel bewusster meinen Standpunkt einnehmen. Mein Kamerastandpunkt ist mein innerlicher Standpunkt – und auf Distanz und Vielschichtigkeit programmiert.«