HERBERT BRANDL

Herbert Brandl (*1959 in Graz) studiert ab 1978 an der Wiener Hochschule für angewandte Kunst bei Herbert Tasquil und Peter Weibel. Von 1985 bis 1991 Gastprofessor an der Akademie der bildenden Künste in Wien. 2004 Berufung an die Kunstakademie Düsseldorf. In den 1980er-Jahren zählt er zu den Neuen Wilden. Internationale Erfolge u.a. 1992 auf der documenta IX in Kassel und 2007 bei der Biennale in Venedig. Brandl lebt und arbeitet in Wien.

Zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit

»Ich wollte das Landschaftliche immer vermeiden, aber zack, schon ist dieser Horizont wieder da. Dann ärgere ich mich und versuche ihn zu brechen.« ⸺ Herbert Brandl

Herbert Brandl gilt als bedeutender Erneuerer der Malerei. Stets lotet er die Möglichkeiten von Farbe und Licht aus. Jeder Pinselstrich ist eine Geste, die den Malprozess selbst zum Thema macht. Auch dann, wenn er scheinbar Gegenständliches schafft, löst er die vertraute Welt in Farbwolken und Farbflecken auf. Was Brandl fasziniert, ist das Bild, nicht die Realität. Denn ob Berg oder Wald: letztlich bleibt alles Farbe auf Leinwand und deren Rezeption ist eine Frage der individuellen Interpretation und der Bereitschaft, eingefahrene Wahrnehmungsmuster zu revidieren.

Bekannt wird Herbert Brandl in den 1980er-Jahren mit eher kleinformatigen Ölbildern. Landschaften in unterschiedlichen Abstraktionsgraden spielen für ihn schon früh eine wichtige Rolle, daneben entstehen einige Stilleben und weibliche Akte. Charakteristisch für die frühen Arbeiten ist die extrem pastos aufgetragene Farbe, die dynamischen Oberflächenreliefs bestehen teilweise aus regelrechten Farbkrusten. Brandl gilt damals als Hauptvertreter der österreichischen Neuen Wilden, die 1986 mit der Ausstellung Hacken im Eis in Wien und Bern Furore machten.

Anfang der 1990er-Jahre reduziert Brandl den Farbauftrag. Die Bildoberflächen werden flacher, die Bildformate wachsen. Zur emotionalen Malweise kommt eine analytische Komponente hinzu, der Gestaltungsprozess gewinnt an Bedeutung. Die Pinselstriche bleiben deutlich erkennbar. Die Palette in den formen- und gegenstandsungebundenen »Silberbildern« dieser Zeit ist deutlich reduziert. Dies ändert sich erst bei den lasurähnlichen Mehrfarbenbildern, die zur Mitte des Jahrzehntes entstehen.

 

Um die Jahrtausendwende werden Berglandschaften zu Brandls wichtigstem Motiv. Er arbeitet plastisch wirkende Gesteins- und Schneemassen mit dicht aneinander gesetzten, fulminanten Pinselstrichen heraus, die bei Nahsicht deutlich erkennbar bleiben. Seine Formate erreichen wandgroße Dimensionen und er beschließt, seine Leinwände stets in einer einzigen Sitzung zu Ende zu malen. Die offene, wässrige Malweise mit bewusst gesetzten Farbschlieren und deutlichen Pinselstrukturen ist Ausdruck des intensiven Malakts.

Die Palette muss aufgrund der Arbeitsweise begrenzt bleiben, oft wird das Bild aus einer dominierenden Farbe vor dem Weiß des Bildgrundes aufgebaut. Dabei kann das Motiv ins Ungegenständliche gewendet oder figural ausgeführt werden. Fotos dienen dem Künstler nicht als Vorlage, sondern gewissermaßen als Wegweiser und Orientierungshilfe in seinem impulsiven und improvisierten Gestalten. Aus der distanzierten Erinnerung an die allgegenwärtigen, medial präsenten fotografischen Bilder schafft Brandl klassische Ölgemälde voller Spannung und Erfindungskraft.

veröffentlicht am 5.10.2011 – Monika Wolz
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Veröffentlicht am: 05.10.2011