ARMIN MUELLER-STAHL

Im Jahre 1930 wird Armin Mueller-Stahl in Tilsit, Ostpreußen, geboren. Er ist das dritte von fünf Kindern des Bankbeamten Alfred Mueller-Stahl und der Ärztin Editha Mueller-Stahl, die mit ihren Eltern 1918 aus Estland nach Ostpreußen flüchtete.

Armin Mueller-Stahl darf in den Jahren zwischen den Weltkriegen eine unbeschwerte Kindheit erleben, in einer Familie, die viel Wert auf die musische Ausbildung ihrer Kinder legt. 1938 zieht die Familie Mueller-Stahl nach Prenzlau in der Uckermark um – der Vater wird in die Wehrmacht eingezogen. Während die Mutter mit den Kindern nach Goorstorf bei Rostock flieht, stirbt der Vater am 1. Mai 1945 in einem Lazarett im mecklenburgischen Schönberg.

Nach Kriegsende legt Armin Mueller-Stahl als 14-Jähriger das sogenannte »Notabitur« ab, wie viele andere Kinder und Jugendliche dieser Zeit auch. Er studiert Musikwissenschaften mit dem Instrumental-Fach Geige am städtischen Konservatorium Berlin (heute: Universität der Künste).

Armin Mueller-Stahl: selbst in "Sommernachtstraum; a apinting showing a man with a lightly big nose and a hat with eyes that seem to be sad, looking to the right side, the painting exists only of two colours: white and blue
Armin Mueller Stahl: selbst in »Sommernachtstraum«, 2023


Nachkriegs-Berlin


»Mein Freund Jurek Becker wurde aus der Partei und aus dem Vorstand des Schriftstellerverbandes ausgeschlossen.«



Helene Weigel, die das Theater am Schiffbauerdamm (heute: Berliner Ensemble) gemeinsam mit Bertolt Brecht leitet, engagiert Armin Mueller-Stahl 1952 in mehreren Theaterstücken. Dies macht Armin Mueller-Stahl weit über das Ost-Berliner Theater hinaus bekannt. Er wird im Fortgang an der Berliner Volksbühne engagiert (1954), an der er über zwei Jahrzehnte spielen wird. Doch auch an anderen Bühnen der damaligen DDR ist Armin Mueller-Stahl regelmäßig als Gast.

Im Jahre 1956 spielt Armin Mueller-Stahl seine erste große Spielfilmrolle in dem Film »Heimliche Ehen«. 1974 wird er für den Oscar mit dem Film »Jakob der Lügner« nominiert.

 

DDR und BRD


Als Wolf Biermann – einer der bekanntesten Liedermacher und Lyriker der DDR – ausgebürgert werden soll, beteiligte sich Armin Mueller-Stahl an der Protestresolution.

In einem aktuellen Beitrag der Wochenzeitschrift DIE ZEIT heißt es über dieses Ereignis in Armin Mueller-Stahls Leben:

»Damit war seine Karriere in der DDR gelaufen. Von einem Tag auf den anderen keine Angebote mehr, die Stasi drängte ihn in zahllosen Verhören, seine Unterschrift zurückzuziehen. Er zog nichts zurück, schrieb in dieser Zeit seinen ersten Roman Verordneter Sonntag, in dem es genau darum ging: ewiges Wochenende auf Befehl, Sonntag für immer, aber drangsaliert und verhört.«

Auf eigenen Wunsch verlässt Armin Mueller-Stahl die DDR. Schon 1981 steht er für Rainer Werner Fassbinders Film »Lola« vor der Kamera. Mit 60 Jahren wagt er einen Neuanfang in Hollywood. Dort wird er unter anderem Mitglied der Academy of Motion Picture Arts and Sciences in Los Angeles, die jährlich die Oscars verleiht.

Immer wieder kehrt Armin Mueller-Stahl auch nach Deutschland zurück, wo er unter anderem in dem Fernseh-Dreiteiler »Die Manns« mitspielt.

»Mein Freund Manfred Krug hatte unter Repressalien und Verleumdungen schwer zu leiden; das hat auch mich sehr mitgenommen, und ich wusste wenig Trost und Hilfe.«

 

Armin Mueller-Stahl:selbst in "Illuminati"; a colourful picture with strong accents of purple, blue and yellow. it seems as there is a church, mosque, a church shown, but could also be the taj mahal in india
Armin Mueller-Stahl: selbst in »Illuminati«, 2019


Armin Mueller-Stahl ist nicht nur ein deutscher Schauspieler von Weltrang, sondern auch als begnadeter Maler, Musiker und Schriftsteller bekannt. Bei Hatje Cantz erschienen bereits hochwertige Bildbände seiner künstlerischen Arbeit, unter anderem »Die blaue Kuh«.


In eigenen Worten


»Da, wo die Schauspielerei aufhört, beginnt das Schreiben. Da, wo das Schreiben aufhört, beginnt die Malerei. Und da, wo die Malerei aufhört, beginnt die Musik«, dieser Satz stammt von Armin Mueller-Stahl selbst. Für ihn sind die verschiedenen Disziplinen der Künste ein Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten.

Die Bandbreite von Armin Mueller-Stahls Arbeiten ist groß, schnelle Skizzen, flüchtige Zeichnungen bis hin zu einprägsamen Portraits. In der Süddeutschen Zeitung steht über Armin Mueller-Stahl der Satz »Lange Zeit hat er die Malerei ganz für sich allein betrieben, nur wenige wussten überhaupt davon. Das ermöglichte ihm maximale Freiheit und tut es immer noch.«


Der Maler Mueller-Stahl


Das Œuvre von Armin Mueller-Stahl befasst sich – neben anderen Sujets – auffallend häufig mit der Darstellung von Menschen. Er widmet sich in seinem zeichnerischen und malerischen Ausdruck der Portraitierung und dem Einfangen des Wesens der Personen, die er auf Leinwand bannt. Armin Mueller-Stahl bleibt nicht einer realistischen Darstellung verhaftet, sondern wählt den Weg des Expressionismus, ohne Expressionist zu sein. Das expressionistische Armin Mueller-Stahls ist das Einfangen eines inneren Ausdrucks, einer kurzzeitigen Empfindung, die nicht in Worte zu fassen ist.

Den Portraits – seinen Selbstportraits, als auch den Darstellungen anderer Personen – hängt immer ein schwermütiger Ton an. Jedoch bleibt immer ein lebensbejahender Funke – auch in den Werken, welche er in Schattierungen dunkler Blau- und Schwarztöne abfasst.

»Die Schwester meiner Frau ist Studentin der Ingenieurschule für Chemie in Berlin. Am 6. Mai teilte der Parteisekretär den Genossen ihrer Seminargruppe mit, ich würde den Ausreiseantrag gestellt haben; der Abteilungsleiter schlug in diesem Zusammenhang vor, meine Schwägerin zu exmatrikulieren.«

 

Armin Mueller-Stahl: »Susan Sontag «, 2020


Mit Armin Mueller-Stahls Biographie im Hinterkopf lässt sich erahnen, das er seine Kindheit zwischen den Weltkriegen gerettet hat bis zu dem Moment, da sein Vater in die Wehrmacht eingezogen wurde und er mit seiner Mutter und den Geschwistern fliehen muss, um mit dem Kriegsende vorzeitig in ein selbstständiges Leben zu gehen. Im zerstörten Nachkriegs-Berlin sich einer Profession zu widmen, die Menschen begeistern kann – sowohl durch Musik, als auch durch Theater – aber die einen Lebensunterhalt, vor allem in den Zeiten nach 1945, nicht unbedingt sichert, ist sicherlich auch ein großer Einfluss auf seine lebhafte, aber nicht überbordend freudvolle, aber durchweg positiv wahrnehmbare Malerei.

Armin Müller-Stahls Engagement geht weit über die Darstellung seiner diversen Theater- und Filmrollen hinaus. Über seinen Bildband »Jüdische Freunde - Schicksale, Weggefährten, Porträts« sagte er einmal »Der Judenhass. Dem wollte ich künstlerisch etwas entgegensetzen. Ich bin Jahrgang 1930, Deutscher, Nichtjude: Die jüdischen Porträts sind auch ein bewusstes Zeichen.«

»Aus den dargelegten Gründen stelle ich für mich und meine Familie den Antrag auf Ausreise aus der DDR in die BRD.«

 

Alle eingerückten Zitate entnommen aus: »Übersiedlungsersuchen von Armin Mueller-Stahl. 21. Juli 1977. Information Nr. 483/77 über Hinweise im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Ersuchen auf Übersiedlung des Schauspielers Armin Mueller-Stahl in die BRD«
Armin Mueller-Stahl, Elijah Wood, Avalo, 1990; a movie-still out of the movie Avalon", the picture shows a grown man around his 50s sitting beneath a child around 5 years and seems to try to explain something to it
Still from the Movie»Avalon«, Armin Mueller-Stahl & Elijah Wood, 1990

veröffentlicht am 22.7.2025 – Uwe Dreysel


Quellen:
ddr-im-blick.de/jahrgaenge/jahrgang-1977/report/uebersiedlungsersuchen-von-armin-mueller-stahl/
galerie-wutzke.de/kuenstler/armin-mueller-stahl/
kulturstiftung.org/biographien/mueller-stahl-armicn
sueddeutsche.de/muenchen/dachau/armin-mueller-stahl-maler-schauspieler-kunst-ausstellung-dachau-li.3196483
zeit.de/news/2024-10/06/armin-mueller-stahl-fuer-lebensleistung-ausgezeichnet
zitatsuchmaschine.informatik.hu-berlin.de/quotee/Armin%20Mueller-Stahl?order=relevance
hatjecantz.de/products/59208-armin-muellerstahl#:~:text=Armin%20Mueller%2DStahl%20stellt%20mit,diverse%20B%C3%A4nde%20seiner%20k%C3%BCnstlerischen%20Arbeit.

Veröffentlicht am: 22.07.2025
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