INTERVIEW MIT LARS EIDINGER

Man findet ihn auf der Theaterbühne oder vor der Filmkamera, im Regiestuhl oder am Mischpult – Lars Eidinger hat nicht nur als Schauspieler viele Gesichter. Nun hat er erstmals seine fotografischen Arbeiten veröffentlicht. Dagmar Taube im Gespräch mit Lars Eidinger über sein Buch Autistic Disco.

Herr Eidinger, Sie gelten bei vielen als Symbolfigur einer neuen Sorte Mann. Können Sie noch definieren, was »männlich« ist, oder sollten wir uns von diesem Wort verabschieden?

Vielleicht von den Werten, die diesem Begriff zugeordnet sind.

Worum geht es dann?

Ich finde den englischen Begriff »Sex« sehr treffend. Er steht sowohl für das biologische Geschlecht als auch für den sexuellen Akt, die Einswerdung, nach der wir uns alle sehnen. Die Eingeschlechtlichkeit ist das Ideal und die Trennung in zwei Geschlechter die Ursache allen Übels. Dabei sind wir bei Adam und Eva und der Erbsünde.

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Stimmt es, dass ein überlebensgroßes Foto von Ihnen, 1,50 m x 2 m, in Ihrem Wohnzimmer hängt?

Ja, ich verehre den Fotografen Juergen Teller. Er hat das Bild vor zehn Jahren für ein ZEITmagazin-Cover gemacht und mir einen Abzug geschenkt. Den hab ich mir eingerahmt und an die Wand gehängt.

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Sie selbst sind ein guter Fotograf und haben gerade den Bildband Autistic Disco herausgebracht. Ihr Buch beginnt mit einem Hamster, der aus einer Klorolle hervorlugt. 

Das ist mein Goldhamster Speedy. Ich war sechs, als ich das Foto gemacht habe.

Man sieht viele Hotelzimmer. Wie oft schlafen Sie in fremden Betten?

In den letzten zwei Jahren bin ich auf 160 Hotels gekommen.  

Haben Sie nicht manchmal brutale Einsamkeitsanfälle in diesen anonymen Häusern oder Pensionen mitteldeutscher Kleinstädte?

Mich fasziniert jeden Kategorie Hotelzimmer. Je fremder, desto besser. Mein preiswertestes Zimmer war neulich im Urlaub in Dijon, meine Frau hat es gebucht: ein Einzelbett, in dem wir zu dritt geschlafen haben.

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Disco ist Glitzer und Glamour, in Autistic Disco aber sieht man triste Bilder. »Es ist schwer Tränen zu drucken«, hat Karl Lagerfeld, der Modeschöpfer, einmal gesagt. Sie scheinen es zu können. 

»Es ist schwer, Tränen zu drucken« – kann das bitte die Überschrift für dieses Interview sein! Im Vorwort meines Buches schreibt Simon Strauß von der »Angeschnittenen Traurigkeit im Kosmos der stillen Zeichen«. Das fand ich sehr treffend. 

Ein Interview von Dagmar von Taube. Das komplette Interview können Sie auf der Website des ICON Magazine nachlesen.

veröffentlicht am 1.11.2020
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Veröffentlicht am: 21.05.2023