INTERVIEW MIT JEAN MOLITOR

»Ich habe deswegen schon im Knast gesessen«  Von Bremen bis Burundi: Das Ziel des Fotografen Jean Molitor ist ein weltweites Archiv moderner Architektur. Ein Interview geführt von Kaspar Heinrich.

Herr Molitor, Sie arbeiten an einem "Fotoarchiv der Moderne". Warum ist das nötig?

Ich arbeitete mal in Guatemala und stieß dort auf eine leer stehende Radiostation, die aussah wie ein Wal. Sie wurde abgerissen. Bei manchen Bauten ist die Einzelform so faszinierend, dass es ein wahres Glücksgefühl auslöst. Ich stoße immer wieder auf Häuser, die unvorstellbar sind. Die können ganz weit weg sein oder gleich um die Ecke; wie das Zollamt Hansator in Bremen. Ich will sie fotografisch bewahren.

In Deutschland wacht doch der Denkmalschutz über erhaltenswerte Immobilien?

Ja, aber in vielen Ländern gibt es das nicht - dort zählt halt, dass ein Neubau billiger und weniger aufwendig ist. Ich freue mich deshalb, wenn Häuser gerettet werden. In Burundi ist das für manche Objekte gelungen: In Gebäude, die abgerissen werden sollten, sind unter anderem Hotels gezogen.

Dort starteten Sie vor bald zehn Jahren Ihr Fotoprojekt "bau1haus". Wie kam es dazu?

 Ich hatte eine französische Architektin kennengelernt, die mit ihrer Familie in Burundi lebt. Sie bat mich, Häuser vor ihrer Zerstörung zu dokumentieren. Damals dachte ich, die Gebäude seien alle Bauhaus-Architektur, daher der Name. Daraus wurde mein Langzeitprojekt mit Stadtbildfotografie, auf der Verkehr und Passanten nicht sichtbar sind, wie in Geisterstädten.

Wie gelingt Ihnen das?

In Burundi sind wir um 5 Uhr morgens mit dem Pick-up losgefahren und haben auf mehr oder weniger leeren Straßen die Häuser abgearbeitet. Abends am Computer habe ich die Bilder ins Schwarz-Weiß gebracht und "aufgeräumt": ein Aggregat wegretuschiert, das für mich sinnlos rumstand, Antennen vom Dach genommen oder Kabel, die quer durchs Bild liefen.

Aber fehlt bei so starker Retusche den Bildern nicht etwas? Ist das noch Straßenfotografie?

Nein. Die Konzentration auf die reine Architektur spiegelt etwas anderes wider als das, was man mittags bei 40 Grad im Schatten gesehen hat. Mir ist wichtig, die Häuser so zu fotografieren, dass sie zeitlos wirken. Dass sie dem Gedanken des Architekten nahekommen.

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Ein Interview von Kaspar Heinrich. Das komplette Interview können Sie auf Spiegel Online nachlesen.

veröffentlicht am 16.12.2018