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KÄTHE KOLLWITZ
Wie keine andere Künstlerin steht Käthe Kollwitz für die Kunst des 20. Jahrhunderts, insbesondere für die Kunstgattungen Grafik und Skulptur. Im Mittelpunkt ihrer Werke steht oft das menschliche Leid, die soziale Ungerechtigkeit und die Auswirkungen des Kriegs. Ihre kraftvollen Darstellungen haben bereits zu ihren Lebzeiten tief berührt und inspiriert. Die Werke zeugen von einer intensiven Auseinandersetzung mit dem menschlichen Schicksal und der Gesellschaft, wobei sie die Betrachter*innen unmittelbar in ihren Bann ziehen und Verbindungen zu eigenen Erfahrungen zulassen. Kollwitz, deren Werk eine bedeutende Stellung in der deutschen Kunstgeschichte einnimmt, erlebte eine wechselvolle Karriere mit Phasen großer Anerkennung und Zeiten politischer Repression. Nach ihrem Tod 1945 erfuhr ihr Schaffen eine ungebrochene Würdigung, und ihre Werke sind heute fest im kollektiven kulturellen Gedächtnis verankert, stets offen für neue Interpretationen.
Käthe Kollwitz: Losbruch, Bl. 5 der Folge «Bauernkrieg», 1902/03, Aquatinta, Foto: Städelmuseum Frankfurt a. Main
Käthe Kollwitz wurde am 8. Juli 1867 als Käthe Schmidt in Königsberg geboren. Die damals preußische Stadt zählte zu einem wichtigen kulturellen und intellektuellen Zentrum. Ihre Jugend war geprägt von den progressiven Ideen ihres Vaters und den liberalen, sozialreformerischen Gedanken ihrer Umgebung. Schon früh zeigte sich ihr zeichnerisches Talent, das sie ab 1881 in einer Kunstklasse für Frauen und später an der Kunstschule in Berlin weiterentwickelte.
Ab 1885 setzte Kollwitz ihre Ausbildung in München fort, wo sie sich unter anderem mit den sozialkritischen Arbeiten von Wilhelm Leibl auseinandersetzte. 1891 heiratete sie den Arzt Karl Kollwitz und zog nach Berlin, wo sie in den folgenden Jahrzehnten ein bedeutendes Werk schuf, das sich durch starke Empathie und soziales Engagement auszeichnet. Besonders prägend war ihre Serie Ein Weberaufstand, die zwischen 1893 und 1897 entstand und den sozialen Protest und die Not der Weber thematisiert.
Im Ersten Weltkrieg verlor Kollwitz ihren jüngsten Sohn Peter, ein Schicksalsschlag, der sie zutiefst erschütterte und ihr Schaffen nachhaltig beeinflusste. In dieser Zeit entstand die eindringliche Grafikfolge Krieg, die das Leid und die Verzweiflung der Menschen in den Vordergrund stellt. Ihr Engagement gegen den Krieg und für den Frieden brachte ihr 1924 den Auftrag, das Mahnmal Die trauernden Eltern für den deutschen Soldatenfriedhof in Belgien zu schaffen.
Käthe Kollwitz: Die Mütter, Bl. 6 der Folge «Krieg», 1921/22, Holzschnitt, Foto: Käthe Kollwitz Museum Köln
Trotz ihrer großen künstlerischen Erfolge und der internationalen Anerkennung blieb Käthe Kollwitz’ Leben von politischen Turbulenzen und persönlichen Schicksalsschlägen geprägt. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden ihre Werke als «entartet» diffamiert und aus den öffentlichen Sammlungen entfernt. Sie selbst musste zahlreiche Demütigungen und Bedrohungen erdulden, blieb aber dennoch in Deutschland und setzte sich weiterhin für ihre künstlerischen Überzeugungen ein.
Käthe Kollwitz starb am 22. April 1945, wenige Tage vor Ende des Zweiten Weltkriegs, in Moritzburg bei Dresden. Ihr Werk bleibt ein unerschütterliches Zeugnis der menschlichen Würde und des unermüdlichen Kampfes für Gerechtigkeit und Frieden.
Käthe Kollwitz: Selbstbildnis von vorn,1921/22, Holzschnitt auf Japanpapier, Foto: Städelmuseum Frankfurt a. Main
Anlässlich der Ausstellung im Städel Museum im Jahr 2024 in Frankfurt erschien im Hatje Cantz Verlag eine Publikation, die sich intensiv mit Kollwitz’ Schaffen auseinandersetzt. Hierin wird von der Autorin und Kuratorin Regina Freyberger ein umfassendes Bild der Künstlerin gezeichnet und neue Perspektiven auf ihr beeindruckendes Œuvre geboten.
veröffentlicht am 26.06.2024 – László Rupp