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INTERVIEW MIT DR. WOLFRAM VÖLCKER
Die Kunstjournalistin Claudia Herstatt im Gespräch mit Dr. Wolfram Völcker.
Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von Ratgebern zum Sammeln von Kunst. Was ist das besondere an Ihrem Handbuch Was kostet Kunst?.
Ich bezeichne meine Sammlung von Texten als eine Art Verbraucherschutzfibel. Sie richtet sich an Gelegenheitskäufer, ernsthafte Sammler aber auch an Galeristen und Künstler. So etwas gibt es noch nicht.
Wie haben Sie das angelegt?
Die Autoren beschreiben handfeste und nachvollziehbare Kriterien, die helfen, den Wert eines Kunstwerks besser einzuschätzen. Es gibt viele Theorien und auch Gutachten, aber warum ein Kunstwerk zu billig, zu teuer oder auch Schrott sein kann, das gibt es so noch nicht. Das Schlusskapitel des Auktionators Henrik Hanstein vom Kunsthaus Lempertz bringt die ganzen Aspekte auf den Punkt und nennt dann auch Preise. Etwa in dem Sinne, warum ein guter Picasso so viel teurer sein kann als ein schwacher.
Ihr eigener Beitrag scheint eher für intuitive Entscheidungen zu plädieren, so gar nicht im Sinne von Goethes berühmten Zitat »Man sieht nur was man weiß«...
Ich denke, man muss sich bei der Beurteilung von Kunst auch darauf verlassen, dass man nur das sehen kann, was man auch fühlt. Das Kunstwerk muss zu einem »sprechen«. Dabei empfehlen alle Autoren, dass man immerzu schauen und dazu lernen muss. Auch wenn man dann manchmal den Wald vor Bäumen nicht mehr sieht, aber das gibt sich mit der Zeit und man sieht klarer.
Dennoch legen Sie nun ein Buch vor, das juristische Aspekte, Statistiken, Fragen der Provenienz, kunstgeschichtliche Einordnung behandelt. So ganz kann man sich wohl doch nicht auf das Gespür verlassen?
Das natürlich nicht. Aber ich denke, dass man neben der kognitiven Kunstrezeption viel Raum für das intuitive Erlebnis lassen muß. Erst in dieser Kombination lassen sich werkspezifische Komponente eines Werks erfassen und letztlich auch so seinen Wert einordnen. Dazu muss man schon wissen, was ist ein Original, was hat vielleicht der Assistent ausgeführt, wie ist die Provenienz, wie ist der Erhaltungszustand, die Stellung im Œuvre, der Kunstgeschichte. Das sind Faktoren, die den Wert eines Werkes maßgeblich bestimmen.
Mit Zeichnungen kennen Sie sich aus, sie handeln in ihrer Galerie damit. Wenn Sie die Qualität eines Blattes begutachten, was läuft dann, abgesehen vom spontanen Gefühl, in Ihrem Hinterkopf ab?
Ich handele so, wie ich es den Lesern empfehle, in dem ich ein Werk auf Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit, Eigenständigkeit und Innovation, Intensität und Evidenz prüfe und vor allem auf mich wirken lasse. Meistens hänge ich ein Blatt, bei dem ich mir nicht sicher bin, erst einmal in der Galerie in einen stillen Winkel und schaue es immer wieder an. Wenn es alle Kriterien erfüllt und es dann auch noch einen seinen Zauber, seine Sensation weiter ausstrahlt, hat es gewonnen.
Das hört sich aber doch kompliziert an...
Nein, nein. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Ich habe es erlebt, dass ein Gelegenheitskäufer, der nur ein paar Zeichnungen kaufen wollte, mit genau der gleichen Sicherheit die besten Blätter auswählte wie es ein Experte getan hätte. Ich möchte behaupten, dass das in acht von zehn Fällen so ist, wenn man den Blick öffnet und alles Gewusste und Angelernte mal Pause machen lässt.
Kann Ihr Buch verhindern, dass man sich in das Falsche verguckt?
Gar nicht. Know How macht aber vorsichtiger. Der »Verbraucher« hat von Seiten der Kunstkritik nur wenig Hilfe zu erwarten. Denn in der vernetzten Kunstwelt wird die öffentliche Diskussion von denen bestimmt, die sie auch finanzieren. Also die Wertschätzung von Kunstwerken und ihre Preisgestaltung bleiben oftmals - und das nicht nur für den Laien - ein Rätsel.
Wie bringen Sie Licht in dieses Dickicht?
Mein Handbuch funktioniert wie ein Scheinwerfer. Die Autoren, zumeist Leute aus der Praxis wie der Jurist Florian Merker, der Managing Director von Christie's Zürich Dirk Boll, die Provenienzforscherin bei Sotheby's in Frankfurt Isabel von Klitzing, die Berliner Restauratorin Daniela Baumbach beleuchten alle wesentlichen wertrelevanten Aspekte, die letztlich den Marktwert eines Kunstwerks ausmachen.
Das hört sich so an, als sei die Bestimmung des Werts eines Kunstwerks richtig viel Arbeit...
Eigentlich ein Rund um die Uhr Job. Um den zu erleichtern, habe ich das Buch herausgegeben. Ich denke, es kann sehr hilfreich sein.