Sprache: |
EVA BERESIN IM GESPRÄCH MIT CORDULA REYER
Eva Beresin (*1955, Budapest) lebt und arbeitet seit 1976 in Wien. Ihr Gespür für subversiven Humor entwickelte sie im Laufe ihres Lebens. In der Malerei übersetzt Beresin die alltäglichen Schrecken der Existenz in eine zärtliche Auseinandersetzung mit der Widersprüchlichkeit menschlichen Verhaltens. Ihr instinktives Gespür für gesellschaftliche Verfehlungen und deren Komik schafft ansteckende Erleichterung angesichts von Tragödien.
Die neu erschienene Publikation Eva Beresin – Thick Air. The Wedding of Humor and Horror zeigt eine aktuelle Werkgruppe von Eva Beresin, die in expressiver und außergewöhnlicher Bildsprache gleichsam private und allgemein menschliche Themen in den Fokus nimmt.
Im Gespräch mit der österreichischen Journalistin und Supermodel Cordula Reyer spricht Eva Beresin über neue Herangehensweisen in ihrer künstlerischen Produktion, ihren wachsenden Erfolg als Künstlerin und was Instagram damit zu tun hat.
(...)
Cordula Reyer: Wie entstehen deine Bilder heute im Gegensatz zu früher?
Eva Beresin: Früher habe ich viel mehr überlegt und dann den Plan durchgezogen. Ich habe jetzt auch noch immer eine Grundidee, aber ich lasse auch viel passieren. Zwischen meinem Gehirn und der Leinwand sind noch die Hand, der Pinsel und die Farbe – da ist sehr viel los, und das nutze ich alles für meine Zwecke. Ich sammle Bilder, bei denen ich mir denke, die könnten mich weiterbringen. Ich mache viele Fotos von Dingen und Sachen, die ich sehe: ein Gesichtsausdruck, eine Bewegung, Dreck auf dem Asphalt. Ich habe 140.000 Fotos auf meinem Handy, mit den verschiedensten Ordnern: nach Jahren, nach verschiedenen Arbeiten von Künstlern, alte Schwarz-Weiß-Fotos, ein Ordner mit »Kreaturen«, einer mit Händen und Füßen et cetera. Manchmal fotografiere ich Teile von Filmen ab, die für mich interessant sind. Und dann lege ich los.
CR: Und die vielen Tiere, die in deinen Bildern vorkommen?
EB: Tiere und Menschen haben im Laufe der Evolution so viel voneinander angenommen. So viele Eigenschaften tauschen sich aus. Und so sind diese Wesen entstanden. Ich habe eine Idee und male und habe dann schnell eine Komposition. Komposition, Farbe und Geschichte. In dem Moment, in dem ich merke, dass ich überlege, ändere ich etwas, weil ich nicht will, dass es kopflastig wird. Es soll fließen. Bei mir ist Planen und Durchdenken völlig fehl am Platz. Und wenn ich es hundert Mal plane, es wird dann immer alles anders.
CR: Hattest du als junger Mensch die Fantasie des großen Erfolges?
EB: Nein, das habe ich gar nicht zugelassen. Obwohl ich mich sicher mit anderen Künstlern verglichen habe, habe ich mir nicht erlaubt, mich Künstlerin zu nennen. Künstler zu sein, war damals etwas Utopisches. Es ist eine fantastische Entwicklung, wie divers die Kunstwelt geworden ist und dass weibliche Künstler jetzt so forciert gezeigt und geschätzt werden.
CR: Inwieweit hat Instagram eine Rolle für deine Arbeiten und deinen Erfolg gespielt?
EB: Eine große Rolle. 2018 begann ich sehr viel auf Instagram zu posten. Es hat mir Spaß gemacht. Wildfremden Menschen gefiel es, und sie kommunizierten mit mir. Irgendwann 2019 kam ein Moment der Verunsicherung, als mir enge Freunde mitteilten, wie peinlich sie es finden, dass ich so viel auf Instagram poste, und mich mahnten, das zu überdenken. Ich war knapp davor, meinen Account zu löschen, als mich andere enge Freunde ermutigten weiterzumachen. Absurderweise kamen, nach nur ein paar Stunden dieser Verunsicherungswelle, quasi aus dem Nichts zehn Kurznachrichten von einem ominösen Kenny Schachter: »Ich liebe deine Arbeiten! Wer bist du? Wo lebst du? Bist du gay? Wie alt bist du? Hast du Kinder? Bist du verheiratet? Seit wann malst du? Sind die auf Leinwand? Wieso finde ich dich erst jetzt? Was kosten sie?« Er begann meine Arbeiten zu sammeln, und nach drei Monaten lud er mich auf eine Kunstmesse in Los Angeles ein, die Felix Art Fair. Dort präsentierte er meine Arbeiten. So ging das los. Und ich kam sehr schnell in die internationalen Kreise von Kunstsammlern, Kuratoren und Galerien.
CR: Bei mir war das so ähnlich beim Modeln. Ich arbeitete zwar schon viel mit Helmut Lang, aber erst als ich mit Steven Meisel für die amerikanische Vogue gebucht wurde, war ich in einer ganz anderen Liga.
EB: Ja, das ist wirklich ganz speziell. Bis dahin hatte ich in Wien Miryam Charim als meine Galeristin. Davon träumen viele, so eine renommierte Galerie in Wien zu haben. Für mich ist es seit 2015 Realität. Und dann diese ganze Sache international. Ich konnte es und kann es manchmal noch immer nicht glauben. Was soll ich sagen – es ist wie ein Märchen.
CR: Hast du jetzt ein berauschendes Glücksgefühl bei Eröffnungen deiner Ausstellungen?
EB: Das ist überwältigend und aufregend. Also diese New Yorker und die Ibiza-Ausstellung, das war verrückt, total verrückt! Massen von Menschen! In der Galerie, vor der Galerie, überall! Und alle haben mich angeschaut. Apropos: Wie ist das, ein Leben lang angeschaut zu werden?
(...)
Das gesamte Interview finden Sie in unserer Publikation Eva Beresin – Thick Air. The Wedding of Humor and Horror.
Bildcredits: © Peter M. Mayr