MARIKO MORI

Mariko Mori (*1967 in Tokio) lebt und arbeitet in New York und Tokio. Studierte Modedesign am Bunka Fashion College, Tokio. 1989-1992 Chelsea College of Art, London. 1992/93 Teilnahme am Independent Study Program des Whitney Museum of American Art. Seither zahlreiche Einzelausstellungen weltweit, darunter im Kunsthaus Bregenz, Museum of Contemporary Art, Tokio, Centre Georges Pompidou, Paris, Prada Foundation, Mailand, The Brooklyn Museum of Art, New York, Museum of Contemporary Art, Chicago, The Serpentine Gallery, London, Los Angeles County Museum of Art und AroS Kunstmuseum, Aarhus.

 

Reisen zwischen Raum, Zeit und Sein

Die Kunstwelt der japanischen Multi-Media-Künstlerin Mariko Mori (1967) ist fast immer ein Mix aus Kunst, Technologie, Performance, Musik, Architektur, Natur und Spiritualität und nicht selten ist sie selbst als Mariko-Mori-Fantasiefrau Teil ihrer künstlichen Landschaften und Skulpturen, in denen universelle Themen des Seins auf Cyber-Pop prallen.

In ihren ersten Foto-Perfomances Play with Me, Tea Ceremony oder Red Light von 1994/95 inszeniert sie sich inmitten des Blade-Runner-artigen Chaos des zeitgenössischen Tokio als posthumanes Cyborg-Mädchen. Ihre Arbeiten, die so glatt, so exaltiert, so exstatisch schön wirken, als seien sie einem Manga- oder Videogame entsprungen, spiegeln ironisch die exzentrische Mischung des Natürlichen mit dem Künstlichen, die Melange von Tradition und Fortschritt, wie sie im heutigen Japan vorherrscht, und gleichzeitig reflektieren sie die Cyborg-Fantasien japanischer Animes und die Rolle der Frau.

Mit der 3-D-Videoarbeit Nirvana (1997) beginnt eine neue Phase, die Moris zunehmendes Interesse für spirituelle Inszenierungen und Themen markiert. Aus der Cyborg-Popgöttin wird die spirituelle Göttin, in der sich buddhistische Gottheit, christliche Madonna, Renaissance-Venus und Science-Fiction-Figur zu einem Wesen vereinen – die Personifikation des kulturellen Get-Together der globalisierten Gesellschaft. In der ästhetischen Welt der Mariko Mori vermischen sich die künstlerische und philosophische Tradition Japans mit Verweisen auf die westliche Kunstgeschichte im zeitlosen Raum des Gestern, Heute und Morgen.

In ihrer chromatischen Glaskonstruktion Dream Temple (1999) führt Mori ihre spirituellen Visionen der Synthese der Zeiten, den Mix aus Popkultur, Technologie und Ästhetik zusammen. Dream Temple ist wie das Nirvana-Video und Wave UFO (1999-2002) eine technische Herausforderung, die die in Japan und New York lebende Künstlerin nur mit Spezialisten-Teams umsetzen kann - ganz im Sinne der Verschmelzung: Kunst trifft Technik.

In ihren neuesten Arbeiten versteht sich Mariko Mori als Mittlerin zwischen den Kulturen und als Bewahrerin des spirituellen Bewusstseins kultischer Orte und kosmologischer Erfahrungen. Im Foto-Zyklus Beginning of the End: Past, Present, Future, der im Verlauf von elf Jahren an symbolträchtigen Orten wie Gizeh, Dubai, Shanghai, Ankor u.a. entstand, inszeniert sie sich als Zeitreisende in einer Plexiglaskapsel. Sie selbst meint dazu: «In placing myself in a meditating position in a capsule, I am aiming at giving a certain conscience to the viewer. I am in fact trying to rediscover some harmony between the spirit and what is material» (Quelle: galerieperrotin.com).

Moris Werke vermitteln Erfahrungen der Transzendenz und Transformation. Wie bei der viereinhalb Meter hohen Glasskulptur Tom na H-iu (2006) verschmilzt sie uralte Rituale mit Technologien des 21. Jahrhunderts. Der Monolith ist inspiriert von den Stelen keltischer Kultstätten, die in ähnlicher Funktion auch im alten Japan bekannt sind. Diese galten als Durchgangsort der Seelen in ein neues Leben und Orte kosmischer Zeitmessung. Die Hülle der halb transparenten Skulptur besteht aus einem Spezialglas mit LED-Lichtquellen. Diese stets ihre Farbe wechselnden Werke sind eine zeitgenössische Übersetzung alter Vorbilder. Wie Megalithen und Steinringe zuweilen dazu dienten, Zeit zu bestimmen, so reagieren diese Installationen mit neuester Technik auf Elementarteilchen.

Die Kunst Mariko Moris ist eine Synthese von Gegensätzen. Wie in Japan die Religionen des Shintoismus und des Buddhismus nebeneinander bestehen, so zeigen ihre Arbeiten diese Bipolaritäten als eine Synthese von Ost und West, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

veröffentlicht am 2.8.2010 – Caroline Schilling
Veröffentlicht am: 02.08.2010