GERHARD RICHTER

Gerhard Richter
Gerhard Richter (* 1932 in Dresden) floh 1961 in den Westen und studierte in Düsseldorf. Nach Gastdozenturen an mehreren Hochschulen wurde er 1971 Professor an der Kunstakademie Düsseldorf. Er ist auf bedeutenden Ausstellungen vertreten, etwa bei der documenta V bis X und der Biennale in Venedig 1972 und erhält zahlreiche prominente Auszeichnungen. Zu seinem 70. Geburtstag 2002 richtete das MoMA in New York eine Retrospektive aus. Richter lebt in Köln.

Zwischen Zufall und Kalkül

»Es geht um keine Lehre bei einem Kunstwerk. Bilder, die deutbar sind und die Sinn enthalten, sind schlechte Bilder. Ein Bild stellt sich dar als das Unübersichtliche, Unlogische, Unsinnige. Es demonstriert die Zahllosigkeit der Aspekte, es nimmt uns unsere Sicherheit, weil es uns die Meinung und den Namen von einem Ding nimmt. Es zeigt uns das Ding in seiner Vielbedeutigkeit und Unendlichkeit, die eine Meinung und Ansicht nicht aufkommen lassen.« ⸺ Gerhard Richter

Als Gerhard Richter aus Dresden in den Westen flieht, um dem »Sozialistischen Realismus« der ehemaligen DDR zu entkommen, ist er bereits ein anerkannter Maler. In Düsseldorf studiert er erneut drei Jahre lang an der Kunstakademie bei Karl Otto Götz. Er sympathisiert mit der Absurdität der Fluxusbewegung, entdeckt die Pop-Art mit ihrer Lust an der Vordergründigkeit und befreundet sich mit Sigmar Polke, Konrad Fischer-Lueg und Blinky Palermo, mit denen er in den folgenden Jahren zusammenarbeitet. Schon bald verbuchen sie erste Erfolge, auch international.

Gegen den Trend der Zeit hält Richter am traditionellen Medium der Malerei fest und ist bestrebt, die Malerei aus den kunsthistorischen Grundfesten zu befreien und zu erneuen. »Seine Bilder sollen vor allem ihre bildnerischen Qualitäten herausstellen, statt sich auf kunsthistorische Verweise zu beziehen«, so ist auf der Homepage des Künstlers zu lesen, und weiter – »visuelle Präsenz steht im Vordergrund, nicht das Bild als Bedeutungsträger.«

Mit Polke und Fischer-Lueg gründet Richter die Gruppe der Kapitalistischen Realisten. Bereits zur ersten Ausstellung 1963 präsentiert Richter seine gegenständlichen »Grauen Fotobilder«, die ihn später berühmt machten. Die Motive findet er zufällig in Magazinen, Zeitschriften und Illustrierten, aber auch auf Familienfotos und in Alltagsgegenständen. Er malt sie ab, vergrößert sie, verändert den Ausschnitt und taucht sie in Unschärfe. Die Verfremdung entzieht dem Bild das Anekdotische: »Das Zuviel an unwichtigen Informationen«, wie er sich ausdrückt. Sinn und Bedeutung treten zurück und geben den Blick auf das Wesentliche frei. Ob Klorolle oder Mordopfer – unter der Hand des Künstlers werden alltägliche Dinge bildwürdig.

Neben grauen, weich vermalten Motiven entstehen farbig figurative Arbeiten. Richter malt ganze Serien zu Einzelmotiven, etwa Seestücke, Wolken- und Alpenbilder. Parallel dazu erprobt er andere Ausdrucksformen. 1965 entwickelt er die Werkgruppe der Farbtafeln, für die er unveränderte Farbtöne verwendet und nach dem Vorbild handelsüblicher Farbmusterkarten auf dem Bildträger aufträgt. Dabei verzichtet er zumeist auf Komposition und überlässt die Reihenfolge der Farben dem Los.

Seit 1976 malt Richter abstrakte Bilder, die zwischen brillanten und unterdrückten Tönen schwanken, so dass die Farbe zu explodieren scheint. Sie bilden den umfangreichsten Komplex seines Werkes. »Wenn ich ein abstraktes Bild male, weiß ich weder vorher, wie es aussehen soll, noch während des Malens, wohin ich will,« beschreibt er sein Vorgehen.

Richter gehört längst zu den einflussreichsten Künstlern der Gegenwart. Sein faszinierendes Oeuvre steckt voller Diskontinuität und oszilliert zwischen Zufall und Kalkül. Konsequent verweigert er sich jeglicher inhaltlicher Interpretation seiner Werke und bietet immer wieder Anlass für kontroverse Diskussionen.

veröffentlicht am 10.5.2011 – Monika Wolz
Veröffentlicht am: 10.05.2011