BAUHAUS

»Bilden wir also eine neue Zunft der Handwerker ohne die klassentrennende Anmaßung, die eine hochmütige Mauer zwischen Handwerkern und Künstlern errichten wollte! Wollen, erdenken, erschaffen wir gemeinsam den neuen Bau der Zukunft, der alles in einer Gestalt sein wird: Architektur und Plastik und Malerei, der aus Millionen Händen der Handwerker einst gen Himmel steigen wird als kristallenes Sinnbild eines neuen kommenden Glaubens.« ⸺ Walter Gropius, Bauhaus-Manifest

Anlässlich des 90. Jubiläums wird das Bauhaus 2009 einmal mehr durch zahlreiche Publikationen und Ausstellungen als wichtigste Kunst-, Design- und Architekturschule gefeiert. Bis heute gelten Entwürfe wie die »Bauhausleuchte« von Wilhelm Wagenfeld oder der Stahlrohr-Freischwinger von Marcel Breuer als zeitlose Klassiker. Kubus und Flachdach, Beton, Stahl und Glas als moderne Materialien, das serielle Fertigen von Wohnhäusern – all das wurde zum Markenzeichen dieses international bedeutenden Zentrums des modernen Industriedesigns.

Der Architekt Walter Gropius hatte das Bauhaus am 20. März 1919 als eine der ersten Hochschulen für moderne Gestaltung in Weimar gegründet. Von 1925 bis 1932 war das Bauhaus dann in der aufstrebenden Industriestadt Dessau angesiedelt, ehe es aufgrund der politischen Wirren nach Berlin umziehen musste.

Nach Gropius´ Rücktritt 1928 trat der Schweizer Architekt Hannes Meyer seine Nachfolge an. Der letzte Direktor war ab 1930 Ludwig Mies van der Rohe. 1933 endete die Bauhausgeschichte in Deutschland, nachdem die Nationalsozialisten die Institution zur Selbstauflösung gezwungen hatten. Gropius und Mies van der Rohe emigrierten in die USA und verbreiteten von dort aus ihre Ideen zum »Neuen Bauen«.

Das intellektuelle Klima in Deutschland war kurz nach dem ersten Weltkrieg geprägt von einer Aufbruchstimmung und der Sehnsucht nach dem Aufbau einer neuen, freien Gesellschaft. Am Anfang stand Gropius' utopische Idee: Der »Bau der Zukunft« sollte alle Künste in idealer Einheit verbinden. Im Bauhaus sollte ein neuer Künstlertyp jenseits der akademischen Erziehung mit neuen didaktischen Methoden ausgebildet werden. Im Handwerk sah er die Voraussetzung jeder Kunst. Folglich arbeiteten Künstler*innen und Handwerker*innen gemeinsam in Lehre und Produktion. Die Trennung zwischen freier und angewandter Kunst sollte aufgehoben werden.

1923 ging man noch einen Schritt weiter. Der Leitsatz »Kunst und Technik – eine neue Einheit« bestimmte das Programm. Gestaltung sollte Funktionalität und Ästhetik verbinden und dabei mit industriellen Möglichkeiten verwirklicht werden.

Dem antiakademischen Charakter des Bauhauses entsprechend schrieben sich Studierende mit sehr unterschiedlicher Vorbildung ein. Um allen eine gemeinsame Arbeitsgrundlage zu vermitteln und sie in die speziellen Grundsätze der Gestaltung einzuführen, entwickelte das Bauhaus eine besondere Vorlehre, die aus einem halben Jahr Formunterricht und Materialübungen bestand. Dieser Unterricht wurde von Johannes Itten entwickelt und von László Moholy-Nagy und Josef Albers weitergeführt. Wassily Kandinsky und Paul Klee unterrichteten hier beispielsweise ihre berühmt gewordenen Farbenlehren.

Nach Abschluss der Vorlehre konnten sich die Schüler und Schülerinnen für eine der 13 Werkstätten entscheiden, die, gemäß der Grundidee der Einheit von künstlerischer und praktischer Ausbildung, von einem Künstler und einem Handwerksmeister geleitet wurden. Die Studierenden wurden dabei mit den grundlegenden Materialeigenschaften und Prinzipien der Produktgestaltung vertraut gemacht. Zu den leitenden Professoren – sie wurden Formmeister genannt – gehörten neben Itten, Klee, Kandinsky, Gropius und Mies van der Rohe auch Lyonel Feininger, Oskar Schlemmer und Georg Muche, auch Professoren, die die Fachbereiche wie Tischlerei, Weberei, Buchbinderei, Architektur, Glasmalerei, Fotografie, Metall, Bühne, Wandmalerei, Ausstellungsgestaltung, Harmonisierungslehre, Fotografie und Töpferei leiteten.

In einigen Werkstätten entstanden Entwürfe für die Massenproduktion wie etwa Stahlrohrmöbel, deren Ästhetik zum Symbol eines neuen Einrichtungsstils wurde.

Für die Eigenwerbung war die Typografiewerkstatt zuständig. Sie sorgte mit schmucklosen Druckschriften und klar akzentuierten Seitengestaltungen für das unverwechselbare Erscheinungsbild der Publikationen.

Der dritte Abschnitt der Ausbildung bestand aus der Baulehre, also aus der Mitarbeit am Bau. Als Abschluss wurde ein Meisterbrief der Handwerkskammer und bei besonderer Begabung auch des Bauhauses vergeben.

Die Idee des Bauhauses polarisiert bis heute: Die einen sind bereit, für die Designklassiker enorme Preise zu bezahlen, während andere das Bauhaus für den Ursprung einer seelenlosen Maschinenästhetik des Bauens verantwortlich machen. Dies liegt daran, dass das geistige Erbe des Bauhauses, das ursprünglich »die Sammlung allen künstlerischen Schaffens zur Einheit und die Wiedervereinigung aller werkkünstlerischen Disziplinen zu einer neuen Baukunst« erstrebte, oft missverstanden wurde. Was Hannes Meyer noch in der menschenfreundlichen, sozialbewegten Formel »Volksbedarf statt Luxusbedarf« zusammenfasste, entwickelte sich entweder zum teuren »modernen Klassiker« oder zu schäbiger Billigkeit. Den Leitsatz »Weniger ist mehr« nehmen auch Bauherren in Anspruch, die sich alles, was den Raum zum Wohnraum machen könnte, sparen, um das Ergebnis dann als »modern« zu deklarieren. Ein Kritiker merkte unlängst an, letztlich sei es mit dem Erbe des Bauhauses eben so wie mit dem Beton in der Werbung: Es kommt darauf an, was man daraus macht.

veröffentlicht am 9.7.2009 – Monika Wolz
Bild: Herbert Bayer, »Entwurf für ein Hinweisplakat zur Bauhaus-Ausstellung, 1923, Detail Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar
Veröffentlicht am: 07.02.2010